Experten fordern Bauverfahren-Reform

Juli 2025

Einsprachen und Rekurse zählen zu den gravierendsten Hindernissen für den Wohnungsbau in der Schweiz. Eine neue Studie zeigt, dass sie nicht nur Bauverzögerungen, sondern auch höhere Wohnungspreise verursachen. Fachleute fordern klare gesetzliche Eingriffe für mehr Effizienz, Rechtssicherheit und bezahlbaren Wohnraum.

Eine im Auftrag des Bundesamts für Raumentwicklung und des Bundesamts für Wohnungswesen durchgeführte Studie bringt es auf den Punkt. Einsprachen (60 %) und Rekurse (61 %) gelten für die Schweizer Wohnbauakteure als die grössten Hindernisse bei der Umsetzung neuer Projekte. In der umfassenden Befragung von über 440 Expertinnen und Experten aus Bauwirtschaft, Architektur, Recht und Verwaltung wurde deutlich, dass das heutige System in weiten Teilen zu anfällig für Verzögerung und Missbrauch ist.

Insbesondere sogenannte missbräuchliche Einsprachen sorgen für Unmut. Diese dienen oft nicht dem Schutz legitimer Interessen, sondern der gezielten Blockade von Bauvorhaben, teilweise mit erpresserischen Motiven.

Massive Folgen für Markt und Gesellschaft
Die Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt sind weitreichend. Rund 80 Prozent der befragten Bauverantwortlichen gaben an, dass sich durch Einsprachen und Rekurse die Markteinführung von Wohnungen verzögert. 71 Prozent berichteten über signifikante Kostensteigerungen, was sich letztlich in höheren Mieten und Kaufpreisen niederschlägt.

Gerade in Zeiten akuter Wohnungsknappheit birgt diese Entwicklung politischen und gesellschaftlichen Sprengstoff. Der Ruf nach entschiedenen Gegenmassnahmen wird lauter.

Experten fordern gezielte Eingriffe ins Rechtsmittelverfahren
Die Studienautoren schlagen weitreichende Massnahmen vor, die Bund, Kantone und Gemeinden umsetzen sollen, um Planungs- und Bewilligungsprozesse zu beschleunigen. Eine zentrale Empfehlung, die Einspracheberechtigung soll auf «direkt und besonders betroffene Personen» beschränkt werden. Anwohner mit allgemeinem Interesse wären nicht mehr automatisch legitimiert.

Zudem sollen die zulässigen Rügen künftig auf konkrete, individuelle Interessen begrenzt bleiben. Auch die Abschaffung der aufschiebenden Wirkung von Baurechtsbeschwerden ist im Gespräch, um willkürlichen Verzögerungen entgegenzuwirken.

Systemische Entlastung der Behörden
Ein weiterer Hebel betrifft die Struktur der Rechtsmittelinstanzen. Eine Reduktion der Rekursstufen, eine verbesserte Koordination zwischen den zuständigen Behörden und klar definierte Fristen könnten die Verfahren spürbar beschleunigen. Entscheidend sei ausserdem, dass die Bewilligungsstellen personell ausreichend ausgestattet sind, insbesondere in Städten mit hoher Bautätigkeit.

Politische Entscheidungen stehen bevor
Die Studie wurde im Rahmen des nationalen Aktionsplans gegen Wohnungsknappheit erarbeitet. Das ARE und das BWO prüfen nun die vorgeschlagenen Massnahmen zur Weiterleitung an das UVEK und das WBF. Auf dieser Grundlage wird der Bundesrat entscheiden, welche Vorschläge zur Umsetzung empfohlen werden.

Fest steht, ohne tiefgreifende Justierungen im Rechtsschutzverfahren drohen weitere Jahre der Blockade. Für eine zukunftsfähige Wohnraumentwicklung braucht es jetzt den politischen Willen zur strukturellen Reform.

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