Energieautark für Bauwerke und 6G

Münzgrosse, bleifreie und batterielose Sensoren könnten zukünftig das Rückgrat der digitalen Infrastruktur in Bauwerken, im Verkehrsbereich und in der Telekommunikation bilden. Unter Leitung der ZHAW, gemeinsam mit dem Imperial College London, dem Politecnico di Milano sowie Multiwave Technologies und STMicroelectronics, stellt das Projekt MetaVEH einen echten Innovationssprung für die Überwachung von Strukturen dar und setzt zugleich neue Nachhaltigkeitsstandards.

Oktober 2025

Die klassischen Sensorlösungen leiden an Schwerfälligkeit. Sie enthalten umweltschädliche Stoffe wie Blei oder seltene Erden, müssen aufwändig gewartet werden und verursachen oft Sondermüll durch Batterien. Die neuen Sensoren basieren auf bleifreiem Aluminiumnitrid und nutzen spezielle, mit dem 3D-Druck erzeugte Metamaterialien. Diese Fokus-Metamaterialien bündeln Schwingungsenergie, etwa Vibrationen aus dem Bahn- oder Strassenverkehr, exakt dorthin, wo sie auf dem Sensor gebraucht wird («Rainbow Trapping»). So wird Schwingungsenergie maximal effizient in Strom für den Sensor umgewandelt.​

Das Resultat ist ein Prototyp mit nur 300 Mikrometern Länge, also kleiner als ein Fünfräppler, der seine Energie direkt aus der Umgebung gewinnt, vollkommen ohne Batterie funktioniert und in Echtzeit drahtlos Daten sendet.

Von der Brücke bis zur 6G-Station
Die potenziellen Anwendungen sind vielfältig. In der Bauwerksüberwachung erlauben die Sensoren ein kontinuierliches, wartungsfreies Monitoring von Brücken, Tunneln und Hochhäusern, gerade auch an Stellen, die bisher kaum erreichbar waren. Sie liefern kontinuierliche Daten zu Materialermüdung, Schwingungen oder etwaigen Schäden und bieten die Möglichkeit, kritische Infrastrukturen mit Frühwarnsystemen auszustatten. Beispielsweise zur Erkennung von Erdbebenbewegungen oder Geländeschäden.

Ein weiteres Feld eröffnet sich mit der 6G-Technologie. Hochfrequente, energieautarke Mikrosensoren werden ein sehr dichtes Sensornetz ermöglichen, das für die nächste Generation digitaler Kommunikation essenziell ist. Die neue Technologie wird zum Schlüsselelement für echte Smart Cities.

Nachhaltigkeit, Ethik und regulatorischer Mehrwert
Durch den Verzicht auf Blei und seltene Erden wird nicht nur die Umwelt geschont. Die Innovation ist auch regulatorisch von Vorteil, da keine Sonderentsorgung notwendig ist und globale Lieferketten unabhängiger werden. Der Einsatz von frei verfügbaren Materialien steigert zudem die wirtschaftliche Machbarkeit und Skalierbarkeit solcher Lösungen.

Interdisziplinäre Partnerschaft und Förderlandschaft
Die Technologie ist das Ergebnis grosser kollektiver Forschungsleistung. Von der mathematischen Modellierung am Imperial College, der Materialforschung in Zürich und Mailand, bis hin zur industriellen Umsetzung durch die Projektpartner Multiwave und STMicroelectronics. Gefördert wurde das Projekt durch das EU-Programm Horizon 2020 und den EIC Pathfinder, die gezielt die Brücke von Grundlagenforschung zu konkreten Anwendungen schlagen.​ Damit gelangt die nachhaltige, mikroskalige Sensorik dorthin, wo sie am dringendsten gebraucht wird, auf Bauwerke, in entlegene Gebiete und in die Netzwerktechnik der Zukunft. Die Kombination aus Energieautarkie, robuster Materialwahl und integrierter Digitalisierung ist exemplarisch für eine Bau- und Infrastrukturbranche, die ökologische Transformation und technische Innovation vereint. Damit liefert das Projekt einen Baukasten für ein Internet der Dinge, das mit der Umwelt statt gegen sie arbeitet. Zukunftsweisend und sofort in der Praxis einsetzbar.​

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