Basel baut Zukunft mit Verantwortung

Samuel Hess, Co-Leiter Wirtschaft Basel-Stadt, über das neue Basler Standortpaket, den Balanceakt zwischen Wachstum und Raumknappheit sowie die Rolle von Innovation und Vertrauen für einen dynamischen Wirtschaftsstandort.

Dezember 2025

Herr Hess, Sie begleiten den Wirtschaftsraum Basel seit vielen Jahren in unterschiedlichen Funktionen. Welche Meilensteine oder prägenden Entwicklungen sind Ihnen in dieser Zeit besonders in Erinnerung geblieben? 
Heute interessieren sich Politik und Verwaltung viel stärker für die Bedürfnisse der Wirtschaft als zu Beginn meiner Tätigkeit für den Kanton. Sichtbare Beispiele des gegenseitigen Vertrauens sind die Arealentwicklungen von Novartis, Roche oder Lonza und die milliardenschweren Investitionen dieser und weiterer Unternehmen am Standort. Neben der Pflege der bestehenden Unternehmen hat Basel-Stadt auch die Innovationsförderung massiv verstärkt. Knapp 68 Millionen Franken fliessen seit 2024 über acht Jahre in neun Programme in den Bereichen Life Sciences, Digitale Innovation und Nachhaltige Wirtschaft. Das jüngste Kind ist das Basler Standortpaket. Der Kanton investiert hier je nach Haushaltslage 150 bis 500 Mio. Franken pro Jahr in die Stärkung der Standortattraktivität. Die Gelder gehen fast gänzlich an baselstädtische Unternehmen. 

Basel gilt als einer der dynamischsten Wirtschaftsstandorte der Schweiz.  
Wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage im Kanton Basel-Stadt? 
Dank unserer Branchenstruktur geht es Basel-Stadt wirtschaftlich gut. Auch die erratische Wirtschaftspolitik der USA hat noch kaum Spuren hinterlassen, auch wenn sie unsere Unternehmen vor Herausforderungen stellt. Die aktuelle Position des Standorts lässt sich zum Beispiel am kantonalen Wettbewerbsindikator der UBS ablesen, wo Basel-Stadt auch dieses Jahr den zweiten Platz aller Schweizer Kantone belegt. Oder am Triple A-Rating, das die Ratingagentur S&P dem Kanton erneut verliehen hat. Beides ermutigt uns, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen – als innovative und verlässliche Partnerin der Wirtschaft. 

Was ist der aktuelle Fokus der Standortförderung bei urbanen Arealen und beim Wohnungsbau? 
Der kantonale Richtplan sieht vor, bis 2035 eine Einwohner- und Beschäftigtenzahl von je 220’000 anzustreben. Menschen benötigen Wohnraum, aber auch Flächen zum Arbeiten und idealerweise kurze Wege zwischen Wohn- und Arbeitsort. Wir streben an, Unternehmen im Kanton Basel-Stadt genügend verfügbare Flächen in hoher Qualität als Standortvorteil bereitzustellen. Ein besonderer Fokus gilt dabei der Sicherung von Produktionsflächen und einem optimierten Flächenangebot für Scale-Ups.  

Welche Herausforderungen ergeben sich durch knappe Flächen und eine hohe Nachfrage? Wie löst Basel-Stadt diese? 
Eine grosse Herausforderung ist in Basel-Stadt die Flächenkonkurrenz im durch Kantons- und Landesgrenzen begrenzten verfügbaren Raum. Von Akteuren aus der Immobilienprojektentwicklung hören wir oft, dass es in Basel kein Problem sei, in die Höhe zu bauen. Wichtig ist auch, das Potenzial der Transformationsareale optimal zu nutzen, um mehr Raum für Wohn- und Arbeitsflächen zu schaffen.  

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Basler Standortpaket für die Arealentwicklung? 
Das Basler Standortpaket ist für Arealentwickler und Investorinnen attraktiv, da in Basel-Stadt steuerpflichtige Unternehmen mit Ausgaben für Forschung und Entwicklung, Elternzeit sowie Klimaschutz und Energieeffizienz substanzielle Förderbeiträge erhalten können. Dies erleichtert die Ansiedlung und fördert das Wachstum von Unternehmen auf Arealen im Kanton.   

Wie begleitet und unterstützt der Kanton Basel-Stadt die Umwandlung von Industriearealen in moderne Wohn- und Arbeitsquartiere? 
Durch einen aktiven und systematischen Austausch mit Unternehmen und mit Grundeigentümerinnen. Im AWA wissen wir nicht nur über vertrauliche, potenzielle Entwicklungsschritte eines Unternehmens Bescheid, sondern können dem Unternehmen auch dafür benötigte Entwicklungsflächen vermitteln.  

Welche Rolle spielen Investoren und Entwickler heute für den Standort Basel? 
Beide spielen eine wichtige Rolle. Sie investieren in unternutzten, teilweise brach liegenden Boden, um diesen zu entwickeln und einen substanziellen Mehrwert für den Standort Basel zu generieren. Transformationsareale stehen aufgrund ihrer Grösse aber auch im Fokus der Öffentlichkeit. Dieser Verantwortung müssen alle Beteiligten Rechnung tragen. 

Wie trägt die Förderung von Start-ups und Life Sciences zur Immobilienentwicklung bei? 
Ein konkretes Beispiel: Der Kanton betreibt seit 14 Jahren den Tech Park Basel. Wir bieten dort kleinteilige Labor- und Büroflächen zu attraktiven Mietkonditionen an. Startups, die dem Tech Park Basel entwachsen, suchen dann grössere Flächen zu kommerziellen Konditionen. Wir produzieren also eine Pipeline von reifen, gut finanzierten Startups (meist Biotechs) zu Gunsten des privaten, nicht subventionierten Immobilienmarktes. 

Welche Zukunftstrends sehen Sie für Basel bis 2030, vor allem hinsichtlich Digitalisierung und neuer Arbeitsformen? 
Die Arbeitsplatzqualität ist heute viel wichtiger als früher. Die Digitalisierung könnte die Flexibilisierung der Flächenanmietung weiter vorantreiben. Unsere Erfahrung zeigt, dass einige Unternehmen Mietflächen suchen, bei denen etwa ein Meetingraum flexibel per App gebucht werden kann. Derartige Büroflächen sind, obwohl Basel ein gesundes Flächenangebot hat, bei Immobilienvermittlungen noch gar nicht so einfach zu finden.  

Sie werden in den nächsten Jahren in den wohlverdienten Ruhestand treten.  
Welche Fähigkeiten sind für Ihre Nachfolge besonders wichtig?
Fähigkeiten sind wichtig. Noch wichtiger sind aber persönliche Eigenschaften. Zu diesen zählen unternehmerisches Denken, Begeisterungsfähigkeit, Lernbereitschaft, Ausdauer und Freude, gemeinsam in einem tollen Team jeden Tag den Standort weiterzuentwickeln. Mit dem Begriff «Ruhestand» habe ich ohnehin etwas Mühe. Ich liebe meine Arbeit als «öffentlicher Unternehmer» und möchte mich auch nach dem Abschied von meiner heutigen Position im Mai 2027 auf Gebieten, die mir persönlich wichtig sind, engagieren.

Zur Person

Samuel Hess (63) ist Co-Leiter Wirtschaft im Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Basel-Stadt. Er hat an der Universität St. Gallen (HSG) Internationale Beziehungen und am University College London Umwelt- und Ressourcenökonomie studiert. Hess ist seit 1998 für den Kanton Basel-Stadt tätig – mit einem Fokus auf Wirtschaftspolitik, Unternehmenspflege, Innovationsförderung, Tourismusförderung und Medienpolitik. Zuvor war er Projektleiter bei der Beratungsfirma INFRAS in Bern und Zürich und Redaktor Information beim heutigen Radio SRF. Samuel Hess ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.

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