«Man muss seinen Kunden Alternativen anbieten»

Oktober 2020

Das Netzwerk Swiss Circle unter der Leitung von Dr. Roman Bolliger hat schnell und flexibel auf die Coronakrise reagiert. Im Interview äussert sich der Immobilienprofi zur aktuellen Lage und blickt optimistisch in die Zukunft.

Was genau macht Swiss Circle?
Swiss Circle ist das Netzwerk für die Schweizer Immobilienbranche. Wir betreuen unsere rund 250 Mitglieder, vernetzen diese untereinander und unterstützen sie mit Marketingtools. Unsere Member wollen sich untereinander besser kennenlernen, aber auch in der Branche vermehrt wahrgenommen werden. Ausserdem geben wir ihnen die Möglichkeit, ihr Knowhow in speziellen Disziplinen der Immobilienwirtschaft auszubauen.

Wie geht das konkret?
Wir bieten verschiedene Plattformen: So sind wir an den grossen internationalen Immobilienmessen wie der MIPIM in Cannes oder an der Expo Real in München präsent. Auf internationalen Bühnen sind wir mittlerweile seit 25 Jahren aktiv. Wir präsentieren an diesen Messen unsere Schweizer Firmen an einem Schweizer Gemeinschaftsstand. Darüber hinaus organisieren wir regelmässig Networking-Events und über das Jahr verteilt verschiedene Kongresse zu aktuellen Themen rund um Immobilien. Onlinetools wie etwa realestate-experts.ch ergänzen unser Angebot.

Wichtige Messen fallen dieses Jahr aufgrund der Coronakrise weg. Wie wirkt sich dies auf Swiss Circle aus?
Wir sind kreativ und haben Ersatz für ausgefallene Aktivitäten ins Leben gerufen. Darunter die Online-Serie «Real Estate Brains». Hier haben wir jeden Dienstagmorgen online eine Sendung produziert. Dieses Jahr haben wir den Kongress «Die Marketingrunde» vollumfänglich digital über Zoom umgesetzt. Den «Innovation Day» gleisen wir als Hybridanlass auf: Mittels zwei Sendungen, die wir live streamen sowie einem Printprodukt, das unseren Kunden eine weitere Plattform bietet, sich zu präsentieren. Als Ersatz für die nicht stattfindende Expo Real in München organisieren wir im Oktober am Flughafen Zürich den «Swiss Networking Circle». Mitglieder, die sonst nach München gegangen wären, erhalten so die Möglichkeit, sich zu vernetzen und zu präsentieren.

Wie laufen die Anmeldungen für den Swiss Networking Circle im Herbst?
Wir haben bereits zahlreiche Buchungen erhalten. Allerdings wissen wir noch nicht, wie viele Gäste wir dann effektiv einladen dürfen – das hängt von den Bestimmungen des Bundes für Anlässe im Oktober ab. Es kann sicher nicht jeder mitmachen. Partner, die sich am Event aktiv engagieren, erhalten aber auf jeden Fall ein Einladungskontingent für ihre Kunden. Auch wir vom Swiss Circle werden ein Kontingent an Mitgliedern einladen. Das Bedürfnis unserer Kunden, sich wieder persönlich zu treffen, ist auf jeden Fall gross.

«Die Immo21 findet in einer grösseren Halle statt.»

Wie kommen die Online-Angebote bei den Mitgliedern an?
«Real Estate Brains» beispielsweise kommt sehr gut an – wir verzeichnen jeweils 200 bis 300 Zuschauer. Die Referenten kommen aus Deutschland, Österreich und aus der Schweiz. Die Schweizer Referenten rekrutieren wir in der Regel aus unserem Memberkreis. Nach der Sommerpause werden wir dieses Format bis auf weiteres im Monatsrhythmus weiterführen.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage auf den Immobilienmärkten?
Die Lage ist kontrovers. Kritisch steht es um den Retailmarkt. Die Coronakrise wirkte als Brandbeschleuniger, der Detailhandel hatte es schon vor Corona schwer. Ein weiterer Verlierer sind Hotelliegenschaften. Bürogebäude dürften nur leicht nachgeben – hier muss abgewartet werden, ob und wie stark sich Home-Office durchsetzt und wie sich Digitalisierungstrends entwickeln. Der Wohnmarkt zeigt sich stabil – allenfalls gibt es noch langfristige Auswirkungen. Es gibt aber natürlich auch Gewinner: zum Beispiel Logistikimmobilien.

Welches Feedback erhalten Sie von Ihren Mitgliedern?
Dienstleister rund um den Liegenschaftenbetrieb wie Facility- und Property-Manager sind kaum betroffen. Bei den Transaktionen stellt man hingegen eine gewisse Zurückhaltung fest; es wird aktuell defensiver gehandelt als vor der Krise. Dies dürfte sich auf die Umsätze von Vermarktern oder Rechtsanwälten niederschlagen.

Welche langfristigen Konsequenzen erwarten Sie aufgrund der Coronakrise?
Ich rechne im Immobiliengeschäft nicht mit einem langfristigen negativen Effekt. Es ist aber möglich, dass die Geschäfte dieses Jahr aufgrund herrschender Unsicherheit und des fehlenden persönlichen Kontakts etwas harziger laufen. Was den Swiss Circle betrifft, bin ich jedoch zuversichtlich, dass Events und Messen nächstes Jahr wieder fast wieder wie gewohnt ablaufen werden. Welche Änderungen bleiben werden, wird sich zeigen. Das Motto der Zeit lautet: Flexibel sein und mit verschiedenen Szenarien rechnen. Das machen wir auch. Wer möglichst unbeschadet aus der Krise kommen will, muss seinen Kunden Alternativen anbieten.

Die Immo21, die von Swiss Circle mitorganisiert wird, findet nächstes Jahr im Januar statt. Gibt es coronabedingte Änderungen?
Wir haben bereits auf die Situation reagiert und mit der Halle 550 in Oerlikon eine grössere Lokalität als bisher gewählt. So können wir auch einer allenfalls weiterhin beschränkten Anzahl Besucher mehr Platz bieten, damit die Abstandsregeln eingehalten werden können. Dies könnte sich auch in Zukunft durchsetzen: Dass man mehr Quadratmeter pro Teilnehmer einkalkulieren muss.

Was raten Sie Jungunternehmern im Immobilienbereich in dieser Zeit?
Ihnen fehlt der Kontakt mit der etablierten Branche natürlich sehr. Jungunternehmer suchen in der Regel Investoren und Plattformen, um ihre neuen Ideen zu präsentieren – und sind darauf angewiesen, schnell zu wachsen und Erfolge vorzuweisen. Für Start-ups ist der Handbremseneffekt sicher gravierender als für ein etabliertes Unternehmen. Beim Swiss Networking Circle und beim Innovation Day haben wir spezielle Angebote, Jungunternehmer einzubinden, und ermöglichen ihnen bevorzugten Zugang. Da der Austausch zwischen Jung und Etabliert in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen wird, treten Swiss Circle und SwissPropTech in Zukunft vermehrt gemeinsam auf. Dazu heisse ich alle zukunftsorientierten Immobilienentscheider herzlich willkommen! ■

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